Wiedereinführungsprozess U23:

Interview mit Michael Bischof

aKAdemie

Im zweiten Teil unserer Interviewreihe zur Wiedereinführung der U23 spricht Michael Bischof mit uns über die strategische Bedeutung der neuen Mannschaft. 

Die Interviewreihe zum Wiedereinführungsprozess der U23 führt uns zu Michael Bischof. Auch er hat eine lange KSC-Vergangenheit. Bereits 2012/13 startete er seine Tätigkeiten in der Fächerstadt, unter anderem als U19-Co-Trainer unter Lukas Kwasniok. Dabei durfte er interimsweise mit ihm zusammen auch zwei Spiele der Profis betreuen, ehe es für ihn wieder zur U19 und später als Cheftrainer zur U17 ging. Nach kurzer Zwischenstation als Videoanalyst bei der TSG Hoffenheim kam er zur Saison 2020/21 in neuer Rolle zurück nach Karlsruhe. Bischof wurde „Sportlicher Leiter“ der KSC GRENKE aKAdemie und 2023 Bereichsleiter Entwicklung, Scouting und Analyse. 

Seit Aufnahme der neuen Rolle arbeitete er vor allem mit dem organisatorischen Bereichsleiter Pascal Huber und seinem direkten Nachfolger Matthias Cuntz mit Hochdruck am Übergangsbereich zwischen Nachwuchs und Profis. Im direkten Austausch mit dem Badischen Fußballverband, dem Spielausschuss, den anderen Vereinsvertretern und dem KSC-Beirat konnte die U23 einstimmig wieder in den Spielbetrieb aufgenommen werden. Wir blicken mit ihm auf den Prozess, seine Tätigkeiten und die Bedeutung des Nachwuchses. 

Herr Bischof, Sie sind Bereichsleiter Entwicklung, Scouting und Analyse. Was verbirgt sich dahinter genau und was sind ihre Aufgaben? 

„ESA besteht, wie der Name schon verrät, aus drei verschiedenen Bausteinen. Das Thema Analyse bezieht sich auf die Spiel- und Gegneranalyse. Hierbei arbeiten wir als Verein an einer gemeinsamen Philosophie, die wir Trainern und Spielern an die Hand geben. Für den operativen Part in der Spielanalyse sind die zuständigen Mitarbeiter verantwortlich, während ich die Gesamtstrategie und -entwicklung in diesem Bereich verantworte. Im Baustein Scouting bin ich im operativen Part wesentlich präsenter. Die Scoutingabteilung, zusammen mit dem Abteilungsleiter Scouting Matthias Wallenwein, ist Teil meines Arbeitsbereichs. Dabei führe ich eigene Scoutingtätigkeiten sowohl in der Vorbereitung als auch im Endscouting durch und bin in der Kaderplanung der Profis involviert. Dazu gehören außerdem Themen wie das Führen von Spieler- und Beratergesprächen sowie die Vorbereitung gemeinsamer Meetings mit den sportlichen Entscheidern sowie dem Trainerteam. Entwicklung bedeutet Prozess- und Strukturentwicklung im Sport, dabei handelt es sich um Personalthemen im Profibereich, wenn es darum geht, neue Stellen zu schaffen, zu entwickeln und Gespräche zu führen, aber auch um die Standardisierung von Prozesse und Abläufen. Zur Entwicklung zählen ebenfalls Kooperationen, hier gilt es bestehende, wie beispielweise mit dem KIT, zu stärken und neue Partner zu gewinnen. Außerdem treibe ich die Verzahnung zwischen aKAdemie und Profis weiter voran, wobei die neue U23 ein wichtiger struktureller Faktor ist.“ 

Sie sprechen über die neue U23. Wie wichtig ist es für den Club, diese Übergangsmannschaft wieder zu haben? 

„Aus unserer Sicht elementar, weil unsere Strategie Sport besagt: Wir möchten einen sportlich hochwertigen aber auch wirtschaftlich wertvollen Kader. Die Wirtschaftlichkeit bei einem Spieler steht oftmals in direktem Zusammenhang mit seinem Alter, wenn ich an die Fördergelder für deutsche U23-Spieler und den mögliche Marktwertsteigerungen für potenzielle Verkäufe denke. Daher ist es für unsere Strategie elementar, eigene Spieler aus dem Nachwuchs zu entwickeln, denen wir über die U23 Erfahrung im Seniorenbereich ermöglichen, sodass diese frühzeitig den Sprung zu den Profis schaffen können. Durch die neue Mannschaft können wir den großen Schritt zwischen Jugend- und Herrenbereich verkleinern und jedem Spieler eine zu seinem aktuellen Leistungsniveau passende Plattform bieten.“ 

Wie würden Sie ihre Rolle im Prozess der Wiedereinführung beschreiben? 

„Meine Rolle war in unterschiedlichen Phasen untergliedert. Zunächst war ich präsent, weil ich den organisatorischen Lead und auch den Auftrag zum Voranschreiten seitens der Geschäftsführung hatte. Dabei habe ich die notwendigen Schritte eingeleitet, dokumentiert und einen Businessplan mit den zuständigen Mitarbeitern der aKAdemie und anderen Bereichsleitern erstellt. Ich habe die Termine beim badischen Fußballverband arrangiert und begleitet und sämtliche formalen Schritte des Wiedereinführungsprozesses koordiniert. Mit zunehmender operativer Planung, also Kader- und Spielergespräche ist das Thema mehr und mehr in Richtung aKAdemie übergegangen. Dieser Prozess war ein überragendes Beispiel dafür, was durch Teamarbeit entstehen kann.“ 

Wie verlief der gesamte Prozess im Detail? 

„Den Erstkontakt mit dem badischen Fußballverband gab es im letzten Jahr Ende Juni. Die Sitzungen waren von Anfang an angenehm, der Verband hat uns das Gefühl gegeben, uns auf dem Weg zu unterstützen. Dabei haben wir die Optionen besprochen und die notwendigen Schritte im weiteren Verlauf finalisiert. Auch in der Kommunikation mit den beteiligten Steakholdern – also die Vereine und der Spielausschuss – wurden wir positiv unterstützt und empfangen. Alle haben gemerkt, dass das ganze Projekt auf solide Beine gestellt ist und eine hohe Priorität bei uns genießt. Seit der finalen Entscheidung Ende November sind die Hauptthemen der Kollegen die Organisation und Planung von Staff und Kader.“ 

Warum kann die U23 nicht in höheren Ligen antreten? 

„Der zuständige Verband für die entsprechend höchste Spielklasse ist im Kreis Karlsruhe der badische Fußballverband. Die nächsthöhere Liga wäre die Oberliga Baden-Württemberg, für welche zusätzlich der württembergische und der südbadische Verband zuständig sind. Die Information von unseren Ansprechpartnern beim badischen Fußballverband war bereits sehr früh, dass ein Einstieg in der Oberliga sehr unwahrscheinlich bis unmöglich ist, weshalb der Fokus dann eben auch auf der Verbandsliga lag.“ 

Ab wann gilt das Projekt U23 für Sie als erfolgreich? 

„Seit letztem Sonntag, also ab dem 16. Juni 2024. An diesem Tag startete die Vorbereitung der U23 und seit diesem Moment haben wir für unsere Profimannschaft wieder einen Unterbau. Für mich ist der Erfolg nicht unbedingt ligaabhängig, vielmehr geht es um die Plattform für den Nachwuchs. Natürlich ist der Wunsch, schnellstmöglich in die Oberliga aufzusteigen. Das Niveau in der Oberliga ist enorm hoch. Als Beispiel: Die Stuttgarter Kickers sind letztes Jahr dort Meister geworden und dieses Jahr mit einem ähnlichen Kader fast in Liga drei durchmarschiert. Du hast aber auch Vereine wie Großaspach, CfR Pforzheim, Göppingen, die das Personal und Spieler haben, die selbst aus Nachwuchsleistungszentren stammen.“ 

Sprechen wir über unser Personal. Was war Ihre Rolle in der Staff- und Kaderzusammenstellung? 

„Wir hatten bereits zu Beginn der Planungen eine sehr enge Abstimmung mit der U19 und den Profis über das Thema Kadergröße. Hierbei setzten wir den Fokus darauf, weder in der U23 noch bei den Profis zu große Kader zu haben, weshalb wir uns bei der U23 auf einen 16 +2-Kader festlegten. Uns war sehr wichtig, keine Parallel-Gesellschaft aufzubauen, sondern eine Mannschaft zu haben, die in die U19 sowie zu den Profis vernetzt ist. Nur so können wir gewährleisten, dass die Durchlässigkeit hoch sein wird und die U23 auch das Sprungbrett, welches wir uns wünschen, für unsere Talente sein kann. Außerdem lag der Fokus in den Planungen des Staffs darin, auf höchst professionellem Niveau eine möglichst perfekte Betreuung der Spieler auf und neben dem Platz zu gewährleisten. In der Besetzung der Rollen war ich involviert aber nicht im Lead, das fiel in den Aufgabenbereich der KSC GRENKE aKAdemie.“ 

Sie waren lange in der aKAdemie tätig, jetzt bei den Profis. Wie unterscheidet sich das Scouting zwischen Spielern für die zweite Bundesliga von dem für Verbands- bzw. Oberliga? 

„Grundsätzlich ist das Ziel in allen Mannschaften, dass wir sowohl die aktuelle sportliche Qualität als auch das jeweils zu Grunde liegende Entwicklungspotential der Spieler bewerten. Das Scoutingziel der aKAdemie ist natürlich, den Großteil der Mannschaft durch Spieler zu besetzen, die bereits möglichst lange bei uns die Fußballschuhe schnüren und diese dann durch talentierte Spieler aus anderen Vereinen zu optimieren. Für diese Durchlässigkeit arbeiten unsere Mitarbeiter in der aKAdemie mit viel Herzblut und deshalb ist der Einbau der U23 als Übergangsplattform auch so extrem wichtig. In beiden Mannschaften spielt vor allem auch der Charakter und die Identifikation mit dem KSC eine wichtige Rolle in der Auswahl der Spieler.“ 

Sie sprechen es an. Der Nachwuchs soll die Basis für die U23 darstellen. Wie können wir die Entwicklung unserer Nachwuchstalente begleiten und analysieren? 

„Hierfür ist immer die Einschätzung der verantwortlichen Kollegen aus der aKAdemie gefragt. Wir haben in den letzten Jahren in puncto Personal sowie in der Entwicklung von professionellen Strukturen und Abläufen sehr große Fortschritte gemacht. Dabei geht es immer um den Spagat zwischen Entwicklung von Team und Individuum. Um den Einzelspieler bestmöglich entwickeln zu können, benötigen wir den entsprechenden Staff, eine passende Infrastruktur sowie professionelle Prozesse und Strukturen rund um den Spieler. Hierzu gehören Experten in den Fachbereichen Spielanalyse, Athletiktraining, Torwarttraining und natürlich auf Eben der Chef- und Co-Trainer. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, ein funktionierendes Team zu haben, denn wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass der Erfolg des KSC immer auf Basis eines sehr ausgeprägten Zusammenhalts entstand. Innerhalb des Teams können sich die Spieler dann bestmöglich zeigen. Die Jungs sollen auch Fehler machen können, um aus ihnen zu lernen, wofür wir neben den Trainern auch Analysten und Individualtrainer bereitstellen, die im Rahmen ihrer Kompetenzen Hilfestellung geben können.“ 

Sie haben selbst lange die U19 und U17 trainiert. Was können Sie aus dieser Zeit mitnehmen und worauf kommt es für die Jungs an, wenn Sie den Sprung schaffen wollen? 

„In dieser Übergangszeit passiert fußballerisch viel, die Jungs werden an den Erwachsenenfußball herangeführt. Sie erfahren auf dem Platz mehr physischen Druck. Sie müssen sich durchsetzen können und die entsprechenden Techniken und Taktiken umsetzen können. Sie müssen sich aber auch Herausforderungen neben dem Platz stellen, weil meistens der Spagat zwischen Leistungssport und Schule, Ausbildung oder Uni ansteht. Auch dabei unterstützt der Verein die Spieler intensiv, durch eine enge pädagogische Betreuung. Zusätzlich lernen die Jungs, sich selbst einzuschätzen und werden sehr früh selbstständig. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dies Eigenschaften sind, die auch im späteren Leben sehr wertvoll sind.“ 

Sie betonen, dass der Nachwuchs bei uns einen hohen Stellenwert genießt und auch in der aufgestellten Strategie Sport weiter an Bedeutung gewinnt. Wie kann der Verein die Entwicklung unseres NLZ und somit unserer Spieler in den nächsten Jahren weiter vorantreiben? 

„Der Spieler muss die Perspektive sehen, bei uns den Sprung zu den Profis schaffen zu können. Er muss vom Verein auf und neben dem Platz unterstützt werden und muss sehen, wer den Durchbruch in den letzten Jahren schon geschafft hat. Dann entwickelt der Spieler das Gefühl, es schaffen zu können, wenn er fleißig an sich arbeitet und der Verein die Entwicklung fördert. Das haben wir über die letzten Jahre bereits sehr gut gemacht und können das jetzt über die neue U23 und die neue Strategie Sport weiter fokussieren. Da gehört dazu, die Spieler höchstprofessionell zu begleiten. Zum einen die physische Entwicklung im Athletikbereich aber auch in der Analyse bspw. durch neue Trackingsysteme den Jungs neue KPIs (Key Performance Indices) an die Hand zu geben. Auch strukturell können wir uns noch weiterentwickeln. Wir wollen den Ausbau der Infrastruktur und Professionalität weiter vorantreiben, ohne dabei das Wichtigste – den Spieler – aus den Augen zu verlieren. Dazu kommt das Thema Infrastruktur, hier wollen wir uns stetig Erweitern, raus aus den Containern. Ich bin mir sicher, dass wir aktuell eine äußerst positive Situation im gesamten Club haben, da alle relevanten Mitarbeitenden diese Strategie verinnerlicht haben und darauf hinarbeiten.“


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