SC Paderborn 07: Vom Ab- zum Aufstiegskandidaten
Die vergangene Spielzeit beendete der SC Paderborn mit 39 Punkten und einem Torverhältnis von 32:47 als Tabellenzwölfter. Allerdings wurden die Nerven von Verantwortlichen und Fans lange Zeit strapaziert, ehe der angepeilte Klassenerhalt in nahezu trockenen Tüchern war.

Von David Ruf
Erst durch einen 1:0-Heimerfolg gegen den späteren Absteiger VfL Osnabrück am 32. Spieltag entledigte sich der SCP aller Abstiegssorgen. In Anbetracht der bescheidenen finanziellen Mittel der Paderborner, deren Etat für die laufende Saison knapp 4,3 Millionen Euro beträgt, war der Ligaverbleib auch das erklärte Ziel der laufenden Spielzeit. Nach Ansicht zahlreicher vermeintlicher Experten hierzulande eine kaum zu bewältigende Aufgabe für Roger Schmidt, der das Traineramt am 1. Juli vom zum FC St. Pauli abgewanderten André Schubert übernommen hatte.
Ausgerechnet Schmidt, der als Aktiver nie über die Regionalliga Nord hinausgekommen war, und auch in seiner noch jungen Karriere als Trainer noch keine nennenswerten Erfolge vorzuweisen hatte, sollte das fast Unmögliche mit Spielern schaffen, die weitestgehend aus unteren Klassen rekrutiert wurden. So war es nicht verwunderlich, dass Paderborn in etlichen Umfragen als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt wurde.
Doch was im Sommer des vergangenen Jahres als düsteres Zukunftsszenario begann, hat sich mittlerweile zu einem modernen Fußballmärchen gemausert. Ganz Fußball-Deutschland staunte nicht schlecht, als der SCP zu Beginn der Winterpause von Platz fünf der Tabelle grüßte und sich anschickte, im Konzert der Aufstiegsfavoriten mitzumischen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Mannschaft um Kapitän Markus Krösche so viele Punkte gesammelt wie in der gesamten Runde zuvor. Wer geglaubt hatte, dass der Emporkömmling aus der etwas mehr als 145.000 Einwohner zählenden Universitätsstadt aus dem Regierungsbezirk Detmold spätestens nach der Winterpause einbrechen würde, sah sich getäuscht. Zwar folgte dem 3:2-Heimsieg zum Rückrundenauftakt gegen Union Berlin ein 1:5-Debakel in Fürth, doch spätestens nach dem 4:2-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt und dem damit verbundenen Vorpreschen auf den vierten Tabellenplatz war klar, dass die No-Name-Truppe von Schmidt sich im Kampf um den Aufstieg nicht abschütteln lassen würde.
Und das, obwohl die Paderborner im Verlauf der Saison vom Verletzungspech regelrecht gebeutelt wurden. Hart traf den SCP unter anderem die Verletzung von Torjäger Nick Proschwitz. Im Spiel bei Alemannia Aachen Anfang März zog sich der 1,92 Meter große Angreifer, der vor der Runde vom Schweizer Erstligisten FC Luzern ablösefrei nach Paderborn gewechselt war, bei einem Zusammenprall mit Seyi Olajengbesi einen Bruch des Jochbeins zu. Zwar musste Paderborn lediglich im darauf folgenden Spiel gegen Bochum auf den Einsatz seines 25-jährigen Goalgetters verzichten, doch das Abschlussglück hatte den aktuell Zweitplatzierten der Zweitligatorjägerliste (16 Treffer), der die folgenden, sieglosen Spiele gegen Ingolstadt, Duisburg und Braunschweig mit einer schützenden Gesichtsmaske bestritt, einhergehend mit seinem Handicap verlassen. Einen Zusammenhang mit seinem schützenden Utensil und seiner Trefferflaute wollte Proschwitz aber nicht aufkommen lassen: „Sie hat mich weder behindert, noch war das Sichtfeld beeinträchtigt“. Kurioserweise traf Proschwitz prompt im ersten Spiel ohne Maske – wenn auch nur per Elfmeter – gegen 1860 München zum zwischenzeitlichen 1:1. Unter dem Strich reichte es für Paderborn in den Partien gegen keineswegs übermächtige Kontrahenten aber lediglich zu zwei Punkten (0:0 in Braunschweig und 2:2 gegen München). Viel zu wenig für eine Mannschaft, die den Aufstieg längst ins Visier genommen hat. Allerdings hatte der SCP Glück, dass die Konkurrenz aus Düsseldorf und St. Pauli die Schwächeperiode nicht zu nutzen wusste.
Roger Schmidt jedenfalls, dessen Vertrag im Winter vorzeitig bis 2014 verlängert wurde, war sich nach dem Spiel in Braunschweig noch sicher: „Ich traue meiner Mannschaft alles zu. Wir sind mit dieser Saison noch nicht fertig!“ Auf des Gegners Platz sind die Paderborner ohnehin nur schwer zu bezwingen. Gelungen ist das bislang erst Union Berlin, Fürth und Ingolstadt. So kommt es nicht von ungefähr, dass der SCP in der Auswärtstabelle hinter Frankfurt den zweiten Platz belegt.
Die Kehrseite des Paderborner Höhenflugs ist die Tatsache, dass Erfolg Begehrlichkeiten weckt, wie SC-Präsident Wilfried Finke bereits in der Winterpause erfahren musste, als der VfB Stuttgart um die Dienste von Proschwitz buhlte, der in Paderborn noch bis 2013 unter Vertrag steht. Während Florian Mohr sowie der derzeit verletzte Abwehrspieler Sören Gonther bereits dem Ruf ihres Ex-Coaches gefolgt sind und ihre Kickschuhe ab der kommenden Spielzeit für St. Pauli schnüren werden, machte auch Proschwitz in der jüngsten Vergangenheit keinen Hehl aus seinen Zukunftsplänen: „Mein Traum ist die Bundesliga!“ Zwar hat Finke sich bereits dahingehend geäußert, dass es für jeden Spieler eine Schmerzgrenze gibt, doch vielleicht können sich beide Parteien schon bald entspannt zurücklehnen und der Spielzeit 2012/2013 völlig entspannt entgegenblicken. Dann nämlich, wenn der SC Paderborn seine bislang überragende Saison mit dem Aufstieg krönt.