Union Berlin: Die etwas andere Erfolgsgeschichte

von David Ruf

Manch ein Union-Fan mag sich nach Beendigung der offiziellen Vorrunde etwas verwundert die Augen gerieben haben, rangierte sein Club mit gerade einmal acht Zählern Rückstand auf Rang drei auf dem siebten Tabellenplatz.

Von Andreas Kleber
Keineswegs eine Überraschung jedoch stellt der noch immer anhaltende Höhenflug der „Eisernen“ aus dem Berliner Stadtteil Köpenick für deren Trainer Uwe Neuhaus dar. Bereits vor der Saison hatte der 52-Jährige, der als Profi einst bei Rot-Weiss Essen sein Profidebüt gab, verkündet, dass er nach den Plätzen zwölf und elf in den beiden zurückliegenden Spielzeiten in dieser Runde um die Plätze eins bis neun mitspielen möchte.

Einer der Gründe für die beste Hinrunde des FC in dessen Zweitligageschichte ist die fast schon traditionelle Heimstärke der Berliner. Bislang hat die Truppe um Kapitän Torsten Mattuschka vor eigener Kulisse bereits 26 Punkte gesammelt und belegt damit in der „Heimtabelle“ hinter den Spitzenteams der Liga aus Fürth, Frankfurt, Düsseldorf und St. Pauli den fünften Platz. Ausbaufähig ist hingegen die Bilanz der Berliner auf gegnerischem Geläuf. Mit 13 Punkten schafft es der DDR-Pokalsieger von 1968 in dieser Wertung lediglich auf den 13. Platz.

Ein weiterer, nicht unwesentlicher Grund für den Aufschwung ist die fast schon unheimliche Ruhe, die innerhalb des Vereins herrscht. Während andere Clubs in schöner Regelmäßigkeit für Negativschlagzeilen auf und außerhalb des Platzes sorgen, geht es bei den Unionern ausgesprochen harmonisch zu. Die sportliche Leitung um Coach Neuhaus, der seinen Vertrag kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres vorzeitig bis Juni 2014 verlängert hat, sowie die Vereinsoberen um Präsident Dirk Zingler ziehen nicht nur an einem Strang, sie leisten auch eine hervorragende Arbeit. Beleg dafür ist nicht nur der sportliche, sondern auch der wirtschaftliche Erfolg der „Eisernen“, deren Mitgliederzahl in den vergangenen Monaten regelrecht in die Höhe geschossen ist.

Zur Finanzierung ihrer mit 15 Millionen Euro veranschlagten neuen Haupttribüne, mit deren Bau im Sommer begonnen werden soll, beschlossen die Berliner unter dem Motto „Wir verkaufen unsere Seele. Aber nicht an jeden“ so genannte „Stadion-Aktien“ zu je 500 Euro das Stück auszugeben – allerdings nur an Sponsoren und Mitglieder. Mit der Aktion wollte man verhindern, dass die Tribüne den Namen eines Sponsors aufgedrückt bekam. Ein cleverer Schachzug wie sich schon bald herausstellte. Bis heute hat der Club 5473 Aktien an den Fan gebracht. „Eine absolut zufriedenstellende Zahl. Das sind immerhin 2,73 Millionen Euro“, so Union-Pressesprecher Christian Arbeit gegenüber wildpark.live.. Überhaupt darf man die Anhänger des Hauptstadtclubs getrost als „Marke für sich“ im absolut positiven Sinn bezeichnen. Was den Union-Fans ihr Klub bedeutet, zeigt sich an den zahlreichen Aktionen, die sie in den vergangenen Jahren bereits für ihre „Eisernen“ gestartet haben. Als den FC nach dem Abstieg in die Oberliga beispielsweise Schulden in Höhe von etwa 1,5 Millionen drückten, halfen die Fans, indem sie unter anderem die Aktion „Bluten für Union“ ins Leben riefen und Blut spendeten. Darüber hinaus betätigten sich knapp 2000 Anhänger im Zuge der Modernisierung der Alten Försterei als Bauarbeiter.

Doch zurück zum Sportlichen, wo in der Rückrunde nicht mehr alles so läuft, wie man sich das nach der tollen Hinserie erhofft hatte. Das lag unter anderem daran, dass die Defensive der Berliner in der Fremde plötzlich ungewohnte Schwächen offenbarte. So hagelte es in den Partien in Fürth (0:5), Paderborn (2:3), Bochum (2:4) und Ingolstadt (3:3) 15 Gegentreffer. Gestoppt werden konnte der Negativtrend erst beim Gastspiel in Aachen am 26. Spieltag, das die Unioner mit 3:1 gewannen. Ohne Gegentor gingen die Berliner auswärts bislang allerdings noch nicht vom Platz. Erfolgreichster Torschütze des FC in dieser Saison ist Silvio Carlos de Oliveira, der bis dato siebenmal erfolgreich war. Gefolgt wird der gebürtige Brasilianer in der internen Torschützenliste von John Jairo Mosquera, Simon Terodde und Christopher Quiring, die allesamt sechs Treffer vorzuweisen haben. Mosquera wird „Silvio“ den Titel des besten Union-Schützen in dieser Saison nicht mehr streitig machen können, denn der kolumbianische Stürmer hat seinen bis 2014 datierten Vertrag bei den Berlinern Ende Februar überraschend aufgelöst und beim chinesischen Super League-Club FC Changchun Yatai angeheuert. Unbestritten ein herber sportlicher Verlust, wenngleich sich die Chinesen die Verpflichtung des Goalgetters, der 2009 von Werder Bremen gekommen war, ein hübsches Sümmchen haben kosten lassen dürften. „Am Ende haben wir mit dem FC Changchun Yatai ein Ergebnis erzielt, mit dem beide Vereine und der Spieler zufrieden sind“, kommentierte der kaufmännisch-organisatorische Geschäftsführer der Berliner, Nico Schäfer, den Transfer knapp.

In sportlicher Hinsicht könnte sich der Abgang des Südamerikaners noch rächen, denn auf die Dienste ihres torgefährlichen Mittelfeldspielers Quiring müssen die „Eisernen“ voraussichtlich einige Wochen verzichten. Der 21-Jährige, der gegen Aachen nach drei Spielen Verletzungspause wegen eines Muskelfaserrisses sein Comeback gefeiert hatte, erlitt auf dem Tivoli eine Verletzung im Oberschenkel. So verbleiben den Berlinern, die im Angriff mit drei echten Stürmern ohnehin leicht unterbesetzt sind, nur wenige offensive Alternativen für die noch ausstehenden Partien der Rückrunde.


Match
Center
3:0