Orlishausen: „Wir haben die Dinge klipp und klar angesprochen“

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Seit fünf Jahren steht Dirk Orlishausen in Diensten des Karlsruher SC. 2011 kam der 1,97 Meter große Schlussmann aus Erfurt in die Fächerstadt. Seitdem hat Orlishausen sportlich turbulente Zeiten, viele Höhen, aber auch Tiefen miterlebt und ist in der Region heimisch geworden. Wir haben mit dem Kapitän über die aktuelle Krisensituation, die öffentliche Kritik und das Finale der Derbywochen am Sonntag auf dem Betzenberg gesprochen.

Dirk, die Truppe steckt zurzeit sportlich in der Krise. Wo liegen aus deiner Sicht die Gründe?

Ohne drumherum zu reden: Wir wissen, dass wir zurzeit mitten im Abstiegskampf stecken. Dafür gibt es zum Teil tiefliegendere Gründe, die wir intern ausführlich besprochen haben. Eines möchte ich ausdrücklich betonen: Es ist nicht immer der Trainer Schuld, wenn wir als Mannschaft die Ergebnisse nicht liefern. Es sind oft viele kleine Probleme, die in der Summe dazu führen, dass wir die nötigen Ergebnisse nicht einfahren. Wir hatten am Wochenende nach dem Spiel gegen Sandhausen eine lange Teamsitzung, in der wir die Dinge - auch die, die unangenehm sind - klipp und klar besprochen haben. Wir haben versucht, jeden kleinen Stein umzudrehen und keinen Aspekt auszuklammern. Ich bin zuversichtlich, dass das eine kleine Initialzündung war, um so außerhalb des Platzes den ersten Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Ich bin guter Dinge, dass der nächste Schritt dann am Sonntag auf dem Platz folgt.

Phasenweise spielt die Mannschaft oft guten Fußball, verliert dann aber das Konzept. Woran liegt das?

Da spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Wir sind eine Truppe mit vielen jungen, talentierten Spielern. Das kann mitunter dazu führen, dass man in der einen oder anderen Situation nicht die nötige Ruhe hat, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hinzu kommt die Tatsache, dass wir uns für den Aufwand, den wir betreiben, in den seltensten Fällen belohnen und es nicht oft genug schaffen, mal 1:0 oder 2:0 in Führung zu gehen und dies zu halten. Wenn dann die Ergebnisse ausbleiben, kommt irgendwann die Unruhe im Umfeld dazu. Für die jungen, noch unerfahrenen Spieler wird es dann schwierig, so eine Phase gut zu überstehen.

Inwiefern siehst du dich als Kapitän in der Verantwortung?

Der Ball liegt jetzt ganz klar bei uns erfahrenen Spielern. Wir stehen in der Pflicht, die jungen Kollegen durch diese schwere Zeit zu führen, um ihnen auch ein wenig den Druck zu nehmen. Wir müssen sie an die Hand nehmen und ihnen die Überzeugung vermitteln, dass wir es schaffen werden, uns aus dieser Situation zu befreien.

Wie schafft man es, als Mannschaft trotz der anhaltenden Rückschläge den Glauben an die eigenen Stärken zu bewahren?

Das geht nur über einen kompromisslosen Zusammenhalt. Wir dürfen nicht anfangen, uns gegenseitig zu zerfleischen. Wenn einer mal einen Fehlpass spielt oder eine Torchance leichtfertig vergibt, dürfen wir als Kameraden ihn nicht kritisieren, sondern müssen ihn mit voller Überzeugung bestärken. Wir sind ein Team und schaffen es nur als geschlossene, verschworene Einheit aus diesem Loch wieder raus.

Inwiefern beeinflusst euch die öffentliche Kritik, die zurzeit auf die Mannschaft und die Verantwortlichen einprasselt?

Das müssen wir als Truppe jetzt völlig ausblenden. Das Umfeld und unsere Fans haben ihr gutes Recht, uns zu kritisieren und ihrem Unmut dann auch mal Luft zu machen. Denn wir als Mannschaft liefern zurzeit zu wenig Gegenargumente. Nichtsdestotrotz sind wir auf die Unterstützung unserer Fans angewiesen – ohne sie geht es nicht. Wir wissen, dass wir es ihnen zurzeit nicht einfach machen, uns die volle Unterstützung entgegenzubringen, aber sie sind ein entscheidender Teil des großen Ganzen. Ich hoffe, dass wir es schaffen, ihnen am Sonntag etwas zurückzugeben und unsere Kritiker verstummen zu lassen.

Die letzten Partien hast du auf dem Platz selbst miterlebt, nachdem zu Beginn der Saison noch René Vollath im Tor stand. Wie bewertest du deine sportliche Rolle zurzeit?

Ehrlich gesagt ist das für mich momentan unwichtig. In unserer aktuellen Situation dürfen persönliche Belange – weder meine noch die anderer Spieler – eine Rolle spielen. Mir ist wichtig, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen und nicht bis zum letzten Spieltag zittern müssen. Das ist alles, woran ich zurzeit denke. Ob ich im nächsten Spiel dann im Tor stehe, ist zweitrangig.

Du hast im Januar dieses Jahres deinen Vertrag bis 2018 verlängert. Was waren für dich die ausschlaggebenden Gründe dafür?

Da haben viele Faktoren eine Rolle gespielt. Zum einen bin ich nun schon seit vielen Jahren hier. Ich liebe diesen Verein mittlerweile genauso wie meinen Heimatverein und ich lebe diesen Club mit Haut und Haaren. Es ist schon ein Wahnsinn, wenn ich daran denke, was ich in meinen Jahren hier bislang miterlebt habe – im Positiven wie im Negativen. Zum anderen stimmen auch die Bedingungen außerhalb des Platzes. Als Familie fühlen wir uns hier pudelwohl in der Region. Meine Frau hat hier ihren Job. Wir haben uns hier ein Häuschen gebaut und Wurzeln geschlagen. Das alles hat es mir sehr einfach gemacht, beim KSC zu verlängern. Auch Torwarttrainer Kai Rabe hat seinen Vertrag damals verlängert.

Welche Bedeutung hat er für dich auf und neben dem Trainingsplatz?

Der Torwarttrainer ist allgemein eminent wichtig für jeden Torhüter. In der Regel ist er die wichtigste Person und erster Ansprechpartner. Kai hat mich von allen Torwarttrainern, die ich bislang hatte, am meisten vorangebracht und mir den größten Entwicklungssprung verschafft. Einen Sprung, den mir so nicht alle zugetraut haben. Daher bin ich froh, dass ich auch die nächsten Jahre mit ihm zusammenarbeiten kann.

Am Sonntag kommt es nun zum Finale der Derbywochen auf dem Betzenberg. Du bist nun schon des Öfteren dort aufgelaufen, dennoch ist das immer wieder ein Erlebnis, oder?

Absolut. Die Stimmung und Atmosphäre dort ist jedes Mal der Wahnsinn. Ich hoffe, dass das Stadion wieder voll sein wird. Wenn du 30- oder 40.000 Zuschauer auf den Rängen gegen dich hast, ist das Motivation pur. Allein deshalb freuen wir uns riesig auf das Spiel. Aufgrund der Tabellensituation beider Teams wird die Partie sicherlich kein Fußball-Leckerbissen werden, aber in einem Derby stehen ohnehin Kampf und Leidenschaft im Vordergrund. Und die werden wir auf jeden Fall an den Tag legen.

Angesichts der Tabellensituation – ist ein Dreier am Sonntag Pflicht?

Natürlich stehen wir in der Pflicht, Punkte zu holen. Das ist in Anbetracht der Tabelle selbstredend. Wir wollen natürlich alle drei Punkte am Sonntag aus Kaiserslautern entführen, aber allein schon aus Respekt gegenüber dem Gegner, möchte ich nicht von einem Pflichtsieg sprechen. Der Druck, der von außen auf uns wirkt, ist schon gewaltig genug. Da sollten wir uns nicht noch selbst zusätzlichen Druck machen.

Welche Tugenden werden gefragt sein, um auf dem Betzenberg zu bestehen?

Kampf und Wille. So einfach ist das. Wir müssen am Sonntag alles raushauen, was in uns steckt. Wir müssen jeden Zweikampf bestreiten, als wäre es der letzte. Wichtig wird sein, dass wir mit der richtigen Einstellung aufs Feld gehen, die Zweikämpfe annehmen und gewinnen. Wir müssen den Lauterern zeigen, dass wir uns nicht verstecken. Gleichzeitig müssen wir in den hitzigen Phasen, die es ohne Zweifel geben wird, auch die nötige Portion Coolness an den Tag legen. Wir dürfen uns nicht ablenken und aus der Bahn werfen lassen, sondern müssen unser Spiel von der ersten bis zur letzten Minute konsequent durchziehen. Dann werden wir es auch schaffen, uns mit Punkten zu belohnen – am besten natürlich mit einem Dreier.

Das Interview führte Amin Mir Falah


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