Eggimann: "Die Zeit beim KSC hat mir unheimlich viel gegeben"

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Mario Eggimann hat als Kapitän und Abwehrchef maßgeblich zum Bundesliga-Aufstieg des KSC in der Saison 2006/07 beigetragen. Seine letzten zwei Jahre als Profi verbrachte er beim kommenden Gegner der Blau-Weißen: Union Berlin. Im Interview spricht der Aufstiegskapitän über das Leben ohne Training und Spieltag, das Thema Psyche im Fußball und seine noch immer große Verbundenheit zum KSC und der Fächerstadt.

Mario, du hast im Oktober letzten Jahres deine Fußballschuhe an den Nagel gehängt. Wie schwer ist es dir gefallen, das Kapitel Profifußball ein für alle Mal zu beenden?
Sehr schwer ist es mir eigentlich nicht gefallen. Ich habe eine sehr lange Karriere erleben dürfen, die mit siebzehn Jahren losging und mit 34 ihr Ende fand. Insgesamt war es für mich daher eine ziemlich runde Geschichte. Es ist ja auch nicht so gewesen, dass ich mich nicht darauf hätte vorbereiten können, denn das Ende kam nicht wirklich überraschend. Insgesamt kann ich daher sehr stolz sein auf meine lange Karriere und mich gleichzeitig freuen auf das, was in Zukunft folgen wird.

Du hast den nahtlosen Übergang in die zweite berufliche Karriere nach dem Fußball geschafft, indem du deine eigene Firma namens "Sports-Transfer" gegründet hast. Welches Konzept steckt dahinter?
Sports-Transfer, das sind meine Geschäftspartnerin Sandra Fischer und ich. Vereinfacht ausgedrückt beschäftigen wir uns in der Firma mit Entwicklungen im Sport. Dazu gehört die Beratung von und mit einzelnen Sportlern, aber auch Organisationen und Vereinen. Natürlich ist die individuelle Spielerberatung auch ein Teil unserer Arbeit. Wir agieren sehr professionell und legen vor allem Wert auf die psychologische Komponente. Sandra arbeitet seit Jahren erfolgreich als Wirtschaftsberaterin und Therapeutin. Nun nutzen wir ihre Erfahrung und mein fußballerisches Know-how, um gemeinsam Spielern, die mental überlastet sind, mit unserer Beratung zu helfen.

Wenn es um psychische Schwächen oder Erkrankungen unter Fußballspielern geht, wird bis heute noch oft geschwiegen. Hast du in diesem Bereich in den letzten Jahren eine Entwicklung beobachtet?
Ich weiß sowohl aus eigener Erfahrung als auch durch Gespräche mit ehemaligen Mannschaftskollegen, dass es nicht wenige Spieler gibt, die mit verschiedenen Faktoren im Profisport mental nicht zurechtkommen. Es gab in den letzten Jahren sicherlich Entwicklungen in die richtige Richtung. Im Endeffekt liegt es natürlich auch am Spieler selbst. Wenn er sich beispielsweise nicht motivieren kann, ins Training zu gehen oder nachts nicht schlafen kann, muss er sich die Frage stellen: Unternehme ich was dagegen oder lasse ich es einfach geschehen? Bei den Vereinen hat sich in diesem Bereich zwar schon viel getan, aber es gibt noch immer Luft nach oben, was die langfristige psychologische Betreuung von Spielern angeht.

So eine Firma gründet man ja nicht von heute auf morgen. Wann hast du damit begonnen, dir konkrete Gedanken darüber zu machen?
Mit Ende 20 bzw. Anfang 30 habe ich damit begonnen, mich intensiver mit der Frage zu beschäftigen, was ich nach dem Fußball gerne machen möchte. Ich habe immer gewusst, dass es mir persönlich sehr viel Freude bereitet, anderen Menschen helfen und sie unterstützen zu können. Den Weg in die Selbstständigkeit habe ich vor allem auch deshalb gewählt, weil ich dadurch das machen kann, was ich will und nicht das, was andere von mir verlangen - das war für mich sehr wichtig.

Kommen wir zum aktuellen sportlichen Geschehen in Liga zwei. Am Freitag trifft der KSC auf Union Berlin. Du hast für beide Clubs gespielt. Als Aufstiegskapitän drückst du aber sicherlich den Blau-Weißen die Daumen, oder?
Ich habe sechs Jahre in Karlsruhe gespielt, meine Frau ist Karlsruherin und meine Tochter ist dort geboren. Ich habe in Berlin zwar auch zwei gute Jahre gehabt und mich dort sehr wohl gefühlt, aber das kann insgesamt natürlich nicht mit meiner Zeit beim KSC mithalten. Ich habe den KSC während meiner Engagements in Hannover und Berlin immer im Blick behalten und habe mich auch stets bemüht, den Kontakt zu Leuten aus dem Verein und aus der Stadt beizubehalten. Von daher überwiegt meine Verbundenheit zum KSC schon ein kleines bisschen.

Deine letzten zwei Jahre als Profifußballer hast du jedoch an der Alten Försterei verbracht. Wenn du rein sportlich auf die Zeit dort zurückblickst: Wie fällt dein Fazit aus?
Es war insgesamt sehr schwierig für mich. Ich bin 2013 mit großen Erwartungen aus Hannover gekommen. Leider hatte ich mich dort zuvor noch schwer verletzt - ich hatte mir im Spiel den Fuß gebrochen. Von diesem Ereignis habe ich mich dann in Berlin leider nicht so erholen können, wie ich mir das erhofft hatte. Ich habe dann auch einfach gemerkt, dass mein Körper nicht mehr richtig mitmachte. Meine Zeit dort ist daher sicherlich nicht perfekt gelaufen, aber ich habe mich stets darum bemüht, das dennoch professionell zu gestalten. 

Wesentlich besser lief hingegen deine Zeit hier im Wildpark. Wie intensiv verfolgst du noch, was rund um den KSC geschieht?
Ich verfolge den KSC immer. Ich schaue mir stets an, wie sie gespielt haben und freue mich natürlich, wenn sie in der Tabelle oben stehen. Ich bin letztes Jahr fast die Wände hochgegangen, nachdem es mit dem Aufstieg nicht geklappt hat...  Ich habe also schon eine sehr enge, persönliche Bindung zum Club und den Menschen in der Stadt. Sie haben mir damals unheimlich viel gegeben und ich glaube, dass ich auch etwas zurückgeben konnte. Ich spüre heute noch, dass die Karlsruher zu schätzen wissen, was ich damals geleistet habe. Ich versuche auch immer, den KSC besonders hervorzuheben, weil mir das einfach wichtig ist.

Ein ehemaliger Mannschaftskollege und sogar Konkurrent von dir spielt in dieser Saison wieder groß auf: Die Rede ist natürlich von Stolli. Wie nimmt du seine Leistungen auf dem Platz wahr und hast du noch Kontakt zu ihm?
Sehr intensiven Kontakt haben wir zwar nicht mehr, aber ich kann sagen, dass ich Stolli immer sehr geschätzt habe, vor allem als Menschen. Er ist wirklich einer der feinsten Kerle, die ich im Fußballgeschäft kennengelernt habe. Wir haben lange Zeit zusammen gespielt und wir hatten auch eine gutes Verhältnis miteinander. Es freut mich ungemein für ihn, dass er momentan regelmäßig spielen kann und daher auch in aller Munde ist.

Du hast den letzten Bundesliga-Aufstieg des KSC als Kapitän selbst noch miterlebt. Letztes Jahr ist der Club auf tragische Weise in der Relegation gescheitert - glaubst du, dass der KSC mittelfristig die Rückkehr in die 1. Liga schaffen kann?
Es wird natürlich unheimlich schwer, weil die 2. Liga und damit auch die Konkurrenz immer stärker wird. Man hat Clubs wie Kaiserslautern, Bochum, St. Pauli, oder Nürnberg. Hinzu kommen dann namhafte Absteiger aus der Bundesliga. Es ist daher nicht leicht, in der 2. Liga zu bestehen und es braucht schon richtig gute Arbeit im Verein und stabile Leistungen auf dem Platz, um oben mitspielen zu können. Aber natürlich würde ich dem Verein und der ganzen Region eine Rückkehr in die Bundesliga wünschen.

Jetzt steht aber zunächst das Match gegen Union am Freitagabend bevor. Was wird der KSC brauchen, um an der Alten Försterei bestehen zu können?
Es immer immer eine große Herausforderung, bei Union zu bestehen, weil die Mannschaft zuhause von ihren Fans unheimlich gepusht wird. Ein Spiel an der Alten Försterei ist jedes Mal ein Erlebnis, weil die Fans ihre Mannschaft immer wieder lautstark unterstützen. Daher wird es für den KSC keine einfache Aufgabe werden, mit Punkten aus Berlin zurückzukehren.

Das Interview führte Amin Mir Falah


Match
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3:0