Die blau-weiße Zeitreise

1980/81: Abenteuer Bundesliga

Club

Es geht wieder auf Zeitreise! Nach dem Exkurs in die erste Bundesliga-Saison 1963/64 reisen wir nun in das Jahr 1980, in dem Blau-Weiß nach dreijähriger Abstinenz wieder im Fußball-Oberhaus spielte. Eine scheinbar unaufgeregte Saison, die sich Fans kaum schöner vorstellen konnten... 

Neuzugänge der Saison 1980/81
Kopfballtreffer für den KSC
Nach dem durchwachsenen Saisonstart zeigte Blau-Weiß sein Können!

Durch das gewonnene Relegationsspektakel gegen Rot-Weiß Essen (Blau-Weiße Zeitreise Teil 1 und Teil 2) kehrte der KSC in die heißersehnte und finanziell lukrativere Bundesliga zurück. Drei Jahre waren vergangen, seitdem die Blau-Weißen am Ende der Saison als Tabellensechzehnter in Liga zwei abstiegen.

Schüler kommt, Azubis gehen

Für das Bundesliga-Abenteuer kamen fünf Neuzugänge in die Mannschaft von Aufstiegstrainer Manfred Krafft. Wolfgang Schüler kam vom SC Freiburg, Reinhold Fanz vom Dreisamstädter Stadtrivalen FFC, Hans-Jürgen Boysen vom VfR Mannheim, Harry Hartung aus Burgsolms und Bernd Schindler von der blau-weißen Amateurmannschaft. Im Laufe der Saison erwiesen sich mit den beiden Mittelfeldspielern Fanz und Schüler lediglich zwei Akteure als direkte Verstärkungen. Der damals 23-jährige Boysen zog sich in der Sommervorbereitung eine schwere Knieverletzung zu und konnte sein verheißungsvolles Potenzial daher vorerst nicht ausschöpfen. Die Stunde des Verteidigers sollte dafür aber in der darauffolgenden Spielzeit schlagen.

Den Club verließen in jenem Sommer hingegen Gerhard Busch (Rot-Weiß Lüdenscheid), Helmut Behr (FVgg Hassia Bingen) und Michael Harforth, der für seine weitere Entwicklung an den Freiburger FC verliehen wurde. Ebenso mussten die beiden ehemaligen Jugendnationalspieler Konrad Koffler und Ralph Traut ihre Sachen am Adenauerring packen. Der Abgang der Eigengewächse hatte allerdings kuriose Gründe. Koffler und Traut gingen neben ihrer Tätigkeit beim KSC nämlich noch einer Ausbildung nach. „Bei mir spielen nur Vollprofis“, argumentierte Trainer Krafft die Entscheidung.

Ohne Azubis, dafür aber mit allen Leistungsträgern aus der Aufstiegssaison ging es für unsere Blau-Weißen 1980 in die neue Spielzeit. Karlsruhe stellte damals mit gerade einmal 18 Lizenzspielern den kleinsten und einem Durchschnittsalter von 27 Jahren den ältesten Kader der Liga.

Schwieriger Saisonstart

Zum Auftakt in die neue Spielzeit stand im heimischen Gefilde direkt ein Härtetest gegen den Meister Bayern München an. Diese Partie lockte sage und schreibe 46.000 Fans in den Wildpark, somit wurde direkt zum Auftakt die Rekordzuschauerzahl für die Saison aufgestellt. Das Geschehen auf dem Rasen ging hingegen nicht in die Karlsruher Geschichtsbücher ein. Gegen die Starauswahl um Karl-Heinz Rummenigge, Paul Breitner und Klaus Augenthaler zahlten die Blau-Weißen kräftig Lehrgeld – Am Ende hieß es 0:3. Auf die Niederlage folgten zwei Auswärts- und ein Heim-Remis, bis am fünften Spieltag endlich der erste Sieg gelang. Hierbei wurde die Fortuna aus Düsseldorf durch die Tore von Fanz, Struth und Wiesner mit 3:0 abgekocht. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Karlsruher vielerorts belächelt. Hatten die Liga-Neulinge ohne namhafte Neuzugänge das Zeug, um die Liga zu halten?

Schiedsrichter Klauser auf dem Boden
Und dann hat es BOOM gemacht: Schiedsrichter Klauser am Boden

Erfolgsgeheimnis Kontinuität

Nach und nach konnten die Kicker von Manfred Krafft ihre anfängliche Nervosität in der bundesdeutschen Eliteliga und die dadurch aufkommende Verkrampfung ablegen. Die guten sportlichen Leistungen sorgten bei den Fans im Wildparkstadion für große Euphorie! Trainer Manfred Krafft vertraute dabei meist auf folgende Elf:

Im Tor hielt Dauerbrenner Rudi Wimmer den Kasten sauber. Vor ihm agierten die Defensivstrategen Rolf Dohmen, Rainer „Uffz“ Ulrich und Kalli Struth, während Stefan Groß, Gerhard Bold und Martin Wiesner die Räume im Mittelfeld beackerten. Offensiv sorgten Uwe Dittus und Wilfried Trenkel mit ihrer feinen Technik für Aufsehen, in der Spitze vollstreckte Emanuel Günther. Um den letzten Platz in der Stammelf duellierten sich im Verlauf der Saison die beiden Neuzugängen Schüler und Fanz, sowie Raimund Krauth und Eigengewächs Edmund Becker. Mit diesem Stammkader drehten die Blau-Weißen einer Vielzahl der Fußballexperten in der Bundesrepublik eine lange Nase. Die selbsternannten Kenner des runden Leders hatten den KSC in den Medien vor der Saison als Abstiegskandidat Nummer eins auserkoren … Denkste! Die Kilometerfresser Stefan Groß und Martin Wiesner spielten sich gar in den Dunstkreis der Nationalmannschaft. Stefan, der Vater von EM-Teilnehmer Pascal Groß kam zu fünf Einsätzen für die B-Nationalmannschaft, Martin Wiesner wurde zweimal in die DFB-Reserve berufen.

Einer der Höhepunkte der Saison ereignete sich auf dem legendären Bökelberg, als Blau-Weiß einen 1:3-Rückstand in der Nachspielzeit zu einem 3:3 drehte. Für die Last Minute-Treffer sorgten Gerd Bold und Torgarant Emanuel Günther. Wir haben im Archiv gekramt und das Comeback gefunden: Hier könnt ihr es euch ansehen!

Im Saisonfinale empfing unser bereits seit einigen Wochen gesicherter KSC den akut abstiegsbedrohten TSV 1860 München. Die Löwen benötigten dringend Punkte, um die Chance auf das Oberhaus zu wahren. Mit dem Abstiegsgespenst im Nacken starteten die Sechzger fulminant in die Partie und erzielten direkt in der ersten Minute die Führung. Diese konnte KSC-Toptorjäger Emanuel Günther nach einer halben Stunde egalisieren, bevor im zweiten Durchgang die Karlsruher Offensive so richtig ins Rollen kam! Erneut Günther, Wiesner, Groß, Schüler und der doppelte Krauth schickten die Münchener mit sieben Treffern in die 2. Bundesliga – Der Wildpark tobte!

Schiri-K.O. in KA

Das Kuriosum der Saison ereignete sich aber ein halbes Jahr früher beim Heimspiel gegen Arminia Bielefeld. Grund hierfür war allerdings nicht der 2:1-Sieg durch die Tore von Groß und Struth oder die Tatsache, dass Rudi Wimmer sein 100. Bundesligaspiel bestritt, sondern eine viel außergewöhnlichere Geschichte. 70 Minuten waren bereits von der Uhr, als Angriff um Angriff auf das Bielefelder Tor rollte. Das einzige Mittel, mit dem sich die Arminen gegen den Dauerbeschuss wehren konnten, waren hohe und lange Befreiungsschläge. Bei einem dieser Rettungstaten wurde allerdings der Unparteiische Max Klauser zur Zielscheibe: Der Referee bekam das Geschoss aus knapp drei Metern voll auf die Zwölf! Wie vom Blitz getroffen sank Klauser zu Boden und streckte alle Viere von sich. Schütze Ulrich Büscher winkte den Rettungsdienst herbei, der dem bewusstlosen Schiedsrichter Erste Hilfe leistete. Als dieser wieder zu sich kam, wollte er sichtlich verwirrt direkt das Spiel fortsetzen. Davon konnten ihn die Betreuer glücklicherweise abhalten und so wurde der Mann in Schwarz mit einer schweren Gehirnerschütterung in die neurochirurgische Klink eingeliefert.

Nach 20-minütiger Unterbrechung wurde der bisherige Linienrichter Manfred Dölfel zum neuen Spielleiter, wodurch sich jedoch eine offene Stelle an der Seitenlinie ergab. Hierfür fand sich nach Ausruf des Stadionsprechers ein Kandidat aus dem Amateurlager, der für die restlichen Minuten das Fähnchen übernahm.

Sorgenfreies Osterfest

Summa summarum war die Spielzeit 1980/81 der Traum eines jeden KSC-Fans: Blau-Weiß spielte in der Bundesliga, setzte auf viele Jungs aus der Region und an Ostern hatte man keine Abstiegssorgen. Nach den Vorjahren, in denen oftmals bis zum allerletzten Spieltag oder gar noch in der Relegation gezittert werden musste, war der ungefährdete Klassenerhalt eine willkommene Abwechslung. Mit Trainer Manfred Krafft stand zudem ein Mann an der Seitenlinie, der den KSC mit all seinen Eigenheiten kannte und liebte. Der Vater des Erfolges ging daher auch als Cheftrainer in die Folgesaison. In dieser sollte sich jedoch ungeplant einiges ändern…


Match
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